Interview mit der Badischen Zeitung, siehe auch http://www.badische-zeitung.de/freiburg/sagen-sie-mal-kafka-und-die-deutsche-sprache-und-8211-ein-wunder--3479579.html
SAGEN SIE MAL . . .: "Kafka und die deutsche Sprache – ein Wunder"
BZ-FRAGEBOGEN, heute ausgefüllt von Ulrich Knoop (67), Germanistik-Professor an der Freiburger Universität
HERDERN (göt) Nächste Woche verabschiedet sich Ulrich Knoop mit einer Vorlesung über Gretchen in Goethes Faust in den Ruhestand. 13 Jahre lang war er Professor für Germanische Philologie / Sprachwissenschaft des Deutschen an der Uni Freiburg, leitete die Projekte Klassikerwortschatz und Sprachberatung und beteiligte sich unter anderem an Wissenschaftsmärkten und am Seminar "Das Münster als Sprachraum". Der 67-Jährige hat einen Wohnsitz in Herdern und lebt ansonsten bei seiner Familie in Marburg. Das Ehepaar hat fünf Kinder.
Sind Sie froh, endlich Zeit für
Schundromane zu haben, oder treibt Sie weiterhin die wissenschaftliche Neugier?
So viel ändert sich nicht, lediglich die
Terminfestlegungen entfallen, das erleichtert die Gestaltung von lesendem Erarbeiten, Konzipieren, Schreiben und gibt auch Zeit für anderes – die Gartenarbeit zum Beispiel.
Professur, Frau und fünf Kinder, Pendeln zwischen Freiburg und Marburg: Wie kriegt man das alles unter einen Hut?
Mit Pünktlichkeit und guter Vorbereitung, vor allem aber mit
Vertrauen – und ganz viel Liebe.
Was hat Ihnen
in Ihrer Karriere am meisten Spaß gemacht? Was war nervig?
Am meisten Spaß gemacht hat das Forschen und Lehren. Nervig war die Drittmittelbeschaffung.
Sie leiten das
Projekt Klassikerwortschatz. Wer findet Klassiker heute toll?
Dort erarbeiten wir die Erklärung zu Wörtern, die in den Klassikertexten schwer oder gar nicht verständlich
sind. Und dann stellen wir fest, dass viele, vor allem Jugendliche, diese Texte interessant, weil anspruchsvoll finden – erstaunlich, oder?
Was wollten
Sie als Kind werden?
Ingenieur.
Was ist Ihr
Lieblingsplatz in Freiburg?
Der Münsterplatz.
Ihr
Lieblingsessen?
Maultaschen.
Ihr
Lieblingslokal in Freiburg?
Tizio Trattoria.
Ihr
Lieblingsfach in der Schule?
Deutsch.
Wann waren Sie
zuletzt in der Kirche?
Im Münster vor acht Tagen, im Gottesdienst vor vier Monaten.
Worüber können
Sie herzhaft lachen?
Über die Komik von Ludwig, unserem Jüngsten.
Was machen Sie
gerne in Ihrer Freizeit?
Gartenarbeit, Wortforschung.
Haben Sie ein
Vorbild?
Nein, aber es gibt sehr viele, die vorbildlich sind.
Was lesen Sie
gerade?
Reiner Stach, Kafka-Biographie. Kafka und die deutsche Sprache – das ist ein Wunder!
Wann waren Sie
das letzte Mal im Kino?
Vor zehn Tagen in "Kirschblüten".
Welche Musik
hören Sie gerne?
Alle Klassik, vor allem das, was meine Frau auf dem Klavier einübt und dann aufführt, aber auch Enya, Coldplay, Die Ärzte, Yves Montand, Jack
Johnson.
Welche
Eigenart hätten Sie lieber nicht?
Ungeduld.
Wo machen Sie
gerne Urlaub?
Im Berner Oberland.
Wo würden Sie
gerne leben?
Weiterhin in unserem Haus mit dem großen Garten in Marburg.
Was war Ihr
größter Erfolg / das beeindruckendste Erlebnis in Ihrem Leben?
Größter Erfolg: der Ruf nach Freiburg; beeindruckendstes Erlebnis: die Geburten der Kinder.
Was fehlt zum
vollkommenen Glück?
Wenn ich das wüsste . . .
Ihre
Traum-Schlagzeile?
"Bildungsoffensive: Schulklassen werden halbiert, Lehrerstellen verdoppelt".
Angenommen,
Sie gewinnen bei Jauch eine Million. Was machen Sie damit?
Ein großes Klassikerwörterbuch.
Was werden Sie
in zehn Jahren machen?
Gartenarbeit und die zweite Auflage des Klassikerwörterbuchs.
Bitte
vervollständigen Sie: Als Oberbürgermeister von Freiburg würde ich . . .
. . . die L(i)ebenswürdigkeit dieser Stadt erhalten.
Die
Abschiedsvorlesung von Ulrich Knoop findet am Mittwoch, 23. Juli, 12.15 Uhr, im Kollegiengebäude III am Platz der Universität, Hörsaal 3044, statt. Thema ist "Die Gretchen-Figur
in Faust I – worthistorisch erläutert".
Professor Dr. Ulrich Knoop
Stresemannstr. 33
35037 Marburg
Tel. 06421 12767
ulrich.knoop@germanistik.uni-freiburg.de