Die Natur, der Mensch

aus:  Sukzession. Vom Schweigen der Natur.  Heft Nr. II - 7/2021. Freiburg im Breisgau, 2021, S. 44 - 50.

 

 

Natürlich komme ich. Ein Satz von einfacher Klarheit: Ich komme und bestä­tige das mit einem Bezug auf die Natur. Sie wird angerufen als diejenige, die dieses Kommen garantiert – ohne dass ich sagen kann, ob das logisch ist und wie sie das garantiert, denn ich bin – allem Anschein nach – nicht sie. So jedenfalls wurden Natur und Mensch (das Ich) in der Moderne ab der Sattelzeit um 1800 konzeptualisiert.

 

 

 

Natur in Distanz

 

 

 

Natur und ich können aufeinander bezogen werden, sind aber nicht nur nicht identisch, sondern auf Abstand voneinander. Natur ist zwar verbindbar mit mir, ist aber als Raum dieser Verlässlichkeit anders als ich.

 

Aus dieser Distanz ergibt sich – in der Moderne – eine Differenz von Ich und Natur, ich bin anders als die Natur. Wir hören hier etwas von der Differenz von Geist und Körper oder Leib und Seele. Zunächst aber sehen wir Natur, die außerhalb von uns – in Distanz – existiert und derzeit ganz besonders bedacht wird. Solche großen Außen-Bereiche gab es in unserer Geschichte seit 1800 schon einige: die Kunst, die Arbeitswelt, der Glaube, ferne Welten.

 

Wenn nun Natur in diesen Fokus rückt, so geschieht das so emotional und aufwühlend, wie bei allen anderen Bereichen. Allerdings tritt hier ein Phäno­men deutlich in Erscheinung, auch wenn es nicht häufig erwähnt wird: Die Objektivierung von Natur aufgrund dieser Distanzierungsvorgänge. Zum Beispiel wenden wir uns der Natur schützend zu, weil wir sie in Gefahr sehen, aber auch, weil wir sie, Sicherheit heischend, erforschen wollen, als Natur­wissenschaften.

 

Aber die wissenschaftlichen Antworten fallen vertrackt aus: Folgen wir ihnen, kommen wir in eine babylonische Sprachverwirrung. Klarheit entsteht daraus nicht. Andererseits erhoffen wir uns, dass wir aus dieser Objektivie­rung Antworten erhalten. Eine ganze Wissenschaftsausrichtung, die Natur­wissenschaften und ihre unbezweifelte Objektivität, basieren darauf. Aller­dings irrtümlich, wie wir schon seit Hegels Enzyklopädie wissen. Die Natur kann nicht antworten, weil eine solche Antwortmöglichkeit ihr nicht imma­nent ist – der Mensch hört sie nicht. Wir erwarten also Objektivität bei der Natur und dann müssen wir feststellen, sie hat diese gar nicht! Sie sagt uns „objektiv“ gar nichts. Diese Distanzierung ist aber nicht nur wissenschaftlich objektiv, sie ist auch alltäglich. Wenn wir zum Beispiel sagen, wir gehen in die Natur, dann sind wir offenbar zunächst woanders und gehen von dort aus zur Natur. Die Natur erscheint hier als etwas anderes als wir, etwas, das wir auf­suchen können, aber nicht müssen.

 

Eigenartigerweise entspricht diese Position einem gar nicht so bewussten Ausbau von Hilfsmitteln, die wir uns zulegen und deren Herkunft unsere Handschrift verrät. Wir nennen sie Erfindungen und sie gehören zum großen Bereich der Technik, die unsere Unabhängigkeit von der Natur anzeigt. Diese Technik erscheint auch als eine Petrifikation der Natur – beispielsweise das Fliegen, das den Vögeln ganz selbstverständlich ist, wird technisch in Flug­zeugen petrifiziert und uns Menschen ermöglicht. Technische Erfindungen er­scheinen als ein Anhalten von natürlichen Prozessen, um sie dann technisch verfügbar machen zu können. Aber ist die Natur von uns zu distanzieren? Ist sie zu objektivieren? Ist Natur etwas anderes als wir selbst? Ob menschliches Wissen alles das erfassen kann, was die Natur uns sagen will?

 

Es gibt die Intuition, das Erspüren von etwas anderem. Und das ist das erste Zeichen dafür, dass die Natur mehr und anderes für uns bereithält. Das wird schon aus dem rätselhaften Beginn von Faust deutlich, wo es heißt, dass die Sonne „tönt“. Es gibt also auch Töne in der von uns als stumm ange­setzten, der gewussten Natur. Natur suggeriert uns nur, dass wir aus ihr heraus alles wissen können: Wir müssen lernen, dass die Natur den Zweck nicht in ihr selbst enthält. Dann kommt das Überraschende: Der Mensch hat nicht nur Natur, er ist sie auch. Fast alles an ihm ist Natur, nämlich als Körper. Der Mensch lebt!

 

 

 

Ich bin Natur

 

 

 

Der Mensch ist Natur! Ich esse, schmecke, rieche und auch mein intensivstes Fühlen wird nur von mir allein als einzelnem Wesen vernommen. Natürlich kann ich mitteilen, was ich esse und fühle, aber das Empfinden gehört nur mir, nur ich allein kann es empfinden. Auch das Atmen. Atmen ist etwas nur von mir Empfundenes, und doch ist es irgendwie nicht von dieser Welt. Wir atmen ein, wir atmen aus, mal unbewusst über lange Zeit, dann wieder sehr bewusst, aber nur kurze Zeit. Das lässt die Frage aufkommen: Wer lässt mein Herz schlagen, wer lässt Leber, Niere, Stoffwechsel ihre Entgiftungsarbeit machen und vieles mehr. Da könnte ich mir überlegen, ob ich ein autonomes Individuum bin. Irgendwie werde ich von der Natur regiert, ohne dass ich das lenken kann.

 

Dieses Individuelle ist mein modernes Schicksal, denn jedes Leben in der Moderne ist einzeln, vereinzelt, so dass seine Natur nicht Natur an sich sein kann, sondern nur individuelle Natur. Als ob er das fürchtet, erfindet der Einzelne Gruppierungsmöglichkeiten, worin er die Individuen zusammenfas­sen will, zum Beispiel unter gemeinsamen Interessen bzw. in der Gesellschaft. Irgendetwas am Menschen ist jenseits des Individualismus, aber eben auch unergründlich.

 

 

 

Wer sagt das: ich bin?

 

 

 

Wir Menschen sind alle Individuen und doch ist da etwas, das dem Indivi­duum unzugänglich ist, das aber natürlich ist und ihm deshalb gar nicht so verwunderlich erscheint: dass nämlich irgendetwas am Werke ist, das ihn am Leben erhält. Vom Menschen abgesehen, zeigen sich die Wunder der Welt als Wieder-Herstellung des Einstigen, zum Beispiel der Blätter im Frühjahr, fast so wie sie im letzten Jahr auch waren.

 

Es ist also etwas da, das mich „trotzdem“ sagen lässt. Denn das Ich ist nicht alles. Mein Ich kenne ich möglicherweise. Aber weiß ich, wer dieses Ich des anderen ist? Schon die Frage „wer“ nennt etwas anderes als das Ich des anderen. Damit wird die Schwierigkeit der soziologischen, aber auch der religiösen Gruppierung sichtbar – eine Gruppe, eine Gemeinde von solchen „Ichen“? Wo ist da das Gemeinsame?

 

Aber es kommt noch anders. Wenn ich nach meinem Ich frage, meine ich mich selbst: Aber weiß ich, wer ich selbst bin? Mit dem Aufkommen des Ichs in der Philosophie bei Fichte schien alles klar. Die Philosophie hat ein Prinzip, nämlich darin, dass das Ich „ich“ sagen kann und damit die grundlegende Ureinheit nennt. Aber wenn das Ich „ich“ sagt, tritt es zu sich in einen Gegen­satz. Irgendetwas sagt zwar ich, aber das, was „ich“ sagt, ist nicht das Ich, sondern dasjenige, das ich sagt. Damit ist das ichsagende Ich ein anderes, als das Ich selbst. Aber weiß ich, wissen wir, was dieses Wissen von sich selbst ist? Wer „ich“ sagt, benennt zwei Ausrichtungen, nämlich einmal das ge­wöhnliche Ich allein, das möglicherweise ewig Eine, wie es Fichte benennt, zum anderen das weniger bedachte Selbst, das dieses Ich sagt und von dem wir nicht wissen, wer das ist – außer von uns selbst, aber schon beim Näch­sten nicht mehr. Und aus dem Selbst lässt sich kein philosophisches System machen, weil es keine Allgemeinheit aufweist.

 

Mit diesem Nicht-Wissen hat unser Selbstbewusstsein zu tun, das Wissen von sich selbst. Anders lässt sich das nicht sagen, obwohl es sich eigentlich gar nicht sagen lässt. Denn wer kann schon sagen, was sein Selbst, was er selbst ist? Selbstbewusstsein ist deshalb unergründlich, weil es naturgegeben ist, so meint Merleau-Ponty. Wir verfügen über ein Wissen von uns selbst, das wir selbst nicht begründen können. Das Selbst ist unbekannt, denn es ist verbunden mit der unbekannten Natur. Sie ist unaufhebbar unbekannt, aber wirkungsvoll. Und der Mensch ist ihr unterworfen, weil er diesen Teil seines Ichs, das Selbst, nicht kennt, wohl aber weiß, dass es da ist und es Natur – oder vielleicht Gott? – ist. Damit wird ein Innerstes von uns zum rational Unergründlichen. Das könnte unberücksichtigt bleiben, wenn es nicht immer wieder eine Rolle spielen würde. Wir kommen nicht weg davon: Ein Uner­kanntes, hervorgerufen, bewusst gemacht über die Zentralität des Subjekts oder des Ichs, zeigt uns, dass es unbegründbar ist, wohl aber wirksam und wirkend. Es ist bestürzend zu erkennen, wie sehr wir diesem Unbekannten, Natur, Gott und Selbst, ausgesetzt sind und nichts dagegen tun können. Es geschieht.

 

Wir glauben die Natur petrifizieren zu müssen, von der Dampfmaschine bis zur Digitalisierung, wir müssen das, was wir irgendwann Monarchie nennen, 1918 abschaffen, wir müssen die Halbzeit unseres wachen Lebens arbeiten – die andere Hälfte dient der Erholung und Freizeit – wir müssen konsumieren. Widersprüche, überall. Wenigen fällt das auf, fast alle arbeiten an der Optimierung dieser Verhältnisse, zum Beispiel der Arbeitswelt oder der Ökologie. Selbstgeschaffene Sachzwänge. Vielleicht entwickeln wenigstens Nietzsche und Benjamin den Gedanken, dass es so nicht sein müsste. Dabei wäre ein Erkennen des Gesamten naheliegend, denn das, was dann als Fort­schritt erscheint, ist das nicht, weil die Kosten mit dem mitreißenden Fortschrittsgedanken gar nicht bedacht und in den Preis eingepreist werden. Diese Kosten sind, wie wir das heute erkennen müssen, viel zu hoch. Sie betreffen nicht nur die Umweltverschmutzung, sondern auch die Lebenswelt des Menschen mit der Umgruppierung seines Lebens auf das Arbeiten plus Versorgen von sich selbst und der an ihm hängenden Angehörigen.

 

Stefan George sieht diese Problematik des Fortschritts, wenn er in dem Gedicht Der Krieg von vollste[r] umkehr spricht und vom tastenden führen. Ganz eigenartig nehmen sich dann aber die angestrebten Helfer aus. George denkt nämlich an die Hilfe Gottes, also an eine Hilfe von außerhalb des Menschen. Offensichtlich sind die Fortschrittsmöglichkeiten so überzeugend, durchschlagend und intensiv, dass der Mensch nur noch durch überirdische Hilfe davon abgebracht werden kann. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass auch Martin Heidegger Hilfe nur von einem Gott erwarten kann: nur noch ein Gott kann uns retten. Aber diese Hilfe bleibt aus oder wird nicht ange­nommen.

 

Der „Fortschritt“, der da in Gang gekommen ist, ist von Menschenhand allein offensichtlich nicht umkehrbar. Aber wir beachten diese Nichtumkehr­barkeit kaum. Daher können rechte Zeitschriften wie Die Kehre Naturschutz „fortschrittskritisch“ für sich vereinnahmen. Natürlich fällt uns auf, dass wir zu viel verbrauchen, viel mehr als uns zusteht, aber unsere „Rationalität“ scheitert am Verhindern dieses Verbrauchs. Die von uns bevorzugte Logik führt nur dazu, uns überflüssig machen zu wollen. Wenn es aber einen naturgegebenen Bereich von uns gibt, das Selbst, dann muss der auch natür­lich leben dürfen. Was ich zum Leben brauche, darf ich mir nehmen und verbrauchen, aber mehr nicht. Nun kommt es darauf an, das zu bestimmen, was ich zum Leben brauche und dabei kann es sein, dass ich die Ameise tottrete, aber anderen Lebewesen zum Weiterleben verhelfe. Wenn ich es weiß, darf ich diesem Wissen nur dann zuwiderhandeln, wenn es um Leben geht, zum Beispiel Bakterien töten, aber Wälder abholzen? Daraus geht hervor, dass das Ich nicht mehr natürlich ist. Es baut ein Verhältnis zur Natur auf, Natur wird distanziert und objektiviert. Damit kommen wir an das Problem der Kom­parative: Weniger Boden, Wasser, Luft verschmutzen, weniger verbrauchen. Es muss ein Positiv geben, nämlich die Form, zu der der Komparativ gebildet wird. Dieser Positiv nennt das, was uns zum Leben zusteht. Wir dürfen zum Leben Luft atmen, Essen bereiten, auch fliegen.

 

Die durch die Rationalität begründete Ichermächtigung muss gemieden werden: Solche Begriffsmonster wie Menschheit oder Gesellschaft können wir nicht beschwichtigen. Vor allem stellt sich die Frage, ob es sie gibt. Natürlich gibt es dummdreiste Ärgerlichkeiten, aber sind die Einzelnen diejenigen, die sie zum Vermeiden bringen sollen? Eher nicht, denn die Frage ist nicht, ob wir sollen, sondern ob wir können. Hier gilt eben der Hinweis von Stefan George, dass das nur ein Gott kann.

 

 

 

Der natürliche Tod – beendet das alles, vor allem das Ich

 

 

 

Natürlich ernähren wir uns natürlich, wie früher. Der Einwand, dass diese frühere, natürliche Ernährung nur zu 40 (Mittelalter) später dann zu 60 Lebensjahren führte, erscheint vordergründig rational. Denn wir müssen uns schon fragen, wie die heute gängigen 80 Lebensjahre zustande kommen und warum. Damit haben wir die Frage noch nicht beantwortet, ob Leben von den Lebensjahren abhängt. Die Technik wendet alles für diese Ausweitung der Lebensjahre auf: ein umfassendes Gesundheitswesen und lebenserleich­ternde Erfindungen im Bereich des Arbeitens oder der Mobilität. Denn mit Schrecken müssen wir sehen, was unsere Lebensverlängerung an Naturbelas­tungen kostet. Auch die Lebensverlängerung endet unausweichlich mit unserem Tod. Wir Menschen sind und bleiben sterblich. Unsere Versuche, dies zu umgehen, weisen auf das Geheimnis des Nicht-Rationalen hin, das seit der Subjektbegründung um 1800 auf uns lastet und demgegenüber die Instrumente des Wissens paradox sind. Es ginge nun darum, etwas zu finden, das keine Vor-Stellung ist. Schnell sind wir mit der Sprache zur Hand, verges­sen dabei aber, dass Sprache immer das Zweite ist. Es bleibt uns nichts anderes übrig als zu schweigen – und das ist mehr als das, was Wittgenstein meint. Wir schweigen nicht, weil wir nicht mehr reden können, wir schweigen, weil wir ein neues Kommen ermöglichen wollen.

 

Zu dieser Hoffnung berechtigt uns dieses wunderbare Selbstbewusstsein, das wir uns nicht erklären können. Wie lange hält es? Und auch hier gilt wahrscheinlich: Nur solange wie dieser selbstbewusste Mensch lebt. Wir fristen unser Dasein, und dieses Dasein endet mit dem Tod des Individuums. Alle Geheimnisse des Selbst hören auf. Das ist das große Ereignis des natür­lichen Lebens, auch unser so rationales Leben endet. Sogar unser Selbst­bewusstsein ist der Natur verfallen, wie alles, was den individuellen Menschen betrifft. Und da kommt dieser Wunsch auf, diesen Tod zu vermeiden, zumin­dest aber hinauszuschieben. Und wenn wir diesen Wunsch wahrnehmen, dann führt er dazu, alles, was uns umgibt, zur Todvermeidung heranzuziehen, auch und gerade bei einer Atlantiküberquerung wie der inszenierten von Greta Thunberg. Aber überqueren wir die Linie, den Graben, das Meer?

 

Andere Überquerer wohnten auf ihren Schiffen, wie Hölderlin das in Andenken von Christopher Kolumbus sagt: und / zu wohnen einsam, jahrlang, unter / dem entlaubten Mast. Als Witz wird nun der Vorschlag vorgebracht, ein Schiff zu suchen, auf dem man wohnen könnte, ein Kreuzfahrtschiff. Tatsächlich aber ist das Ganze ausweglos, wir können ihm nicht entrinnen. Denn alle Bemühungen um eine Lösung enden dort, wo wir einsehen müssen, dass das rationale Verfahren übermächtig ist, ja übermächtig! Die Affinität unserer klassischen Schriftsteller zur Tragödie hat dort ihre Begründung: Am Beginn der Geschichte der Subjektivität mussten sie erkennen, dass damit eine Tragödie anhebt. Die Tragödie hat einen Grund in der Unmöglichkeit von Intuition oder Gespür, ja, Unmöglichkeit, denn wir können nicht „Rationalität“ bis zu einem uns genehmen Grad wirken lassen und dann werden wir spirituell. Unter Rationalität verstehen wir folgerichtiges Denken, Logik, also das Wissen und das wissengeleitete Tun. Dagegen anzudenken geht nicht, weil wir vereinzelte, subjektivierte Individuen sind und weil „Rationalität“ alles überwältigt und kolonisiert. So wird alles dialektisch aufgenommen und verwandelt. Reichen wir der Rationalität den kleinen Finger, nimmt sie die ganze Hand – und dann bleibt nichts übrig! Alles wird logisch, auch die Natur, selbst Gott. Unsere Moderne hat diese Ausweglosigkeit als Grundlage, denn wenn wir mit rationalen Mitteln und Überlegungen die Ergebnisse und die Bedingungen unserer Rationalität aufheben wollen, münden wir in ihren Verfahren, den letztlichen Zerstörungen. Wir sehen keine Möglichkeit, anders zu verfahren, geschweige denn diese Naturzerstörungen aufheben zu können. Wir mögen hoffen, es folgt die maßlose Enttäuschung.

 

Natürlich können wir aus der klaren Quelle Wasser trinken, aber wir wis­sen doch auch, wie viel es voraussetzt, bevor das möglich ist: vom hinfahren­den Auto bis zur Krankenversicherung. Entscheidend sind noch mehr die Gedanken, die wir uns machen müssen, um an die Natur der Quelle heranzu­kommen. Wir sind gedanklich schon vorher verwirrt. Wir kommen nicht los von unserer Rationalität der Naturbeherrschung. Wir könnten merken, dass wir nicht diejenigen sind, die das können oder sollen, aber dazu sind wir zu rational – ohne dass damit gesagt werden könnte, wie wir anders sein sollten. Vielleicht liegt es daran, dass wir so sein wollen oder sollen. Aber bedenken sollten wir doch, dass die Natur immer größer und anders ist, als wir es uns über unsere Rationalität einreden wollen.

 

Es bleibt uns nur der Rückzug, solange bis das außer uns waltende Schicksal uns andere Bedingungen auferlegt. Das heißt, der Mensch ist gehal­ten, sich möglichst zurückzuhalten. Denn alles, was er tun möchte, reicht nicht dahin, die Natur, sein natürliches Leben zu bewahren oder natürlich leben zu können: Die rationale Bio-Ware stammt irgendwoher und wurde zu mir gebracht. Vielleicht ist das, was der Mensch natürlich nennt, nur das rational Begründbare und letztlich so gar nicht natürlich.

 

Wir müssen einsehen, dass wir naturgegeben sind und dass es grundsätz­lich etwas gibt, das wir nicht herstellen oder machen können, weil wir nicht alles überschauen und dann erklären können. Wir müssen das als Geheimnis akzeptieren. Und so sage ich, ganz selbstbewusst: ich komme, natürlich.